Kurzbiografie

Eugen Steimle

Eugen Steimle, Sohn eines Landwirts, studierte nach seinem Abitur in Pforzheim ab 1929 Geschichte, Deutsch, Französisch und Philosophie in Tübingen und Berlin (1935 Referendar- und 1936 Assessorexamen). In Tübingen machte er Bekanntschaft mit Gustav Adolf Scheel. Steimle war zusammen mit Hans und Ulrich Gmelin Mitglied der Verbindung Normannia. 1932 wurde er Mitglied von NSDAP, SA und Nationalsozialistischem Deutschem Studentenbund (NSDStB). 1933 wurde er Vorsitzender des Tübinger NSDStB und Studentenführer. Als "Stabsführer" in den Dienst des SS-Unterabschnitts Württemberg-Hohenzollern eingetreten, wurde er kurz darauf erst dessen Führer und dann 1936 der des SD-Leitabschnitts Stuttgart – Scheel, damals Führer des SD-Oberabschnitts Südwest, hatte ihn an den Sicherheitsdienst (SD) der SS vermittelt. 1937 wurde er Mitglied des NS-Altherrenbunds (NSAHB) und, zusammen mit Ernst Weinmann und Hans Gmelin, der "Altkameradschaft" der Tübinger "Kameradschaft Langemarck". In der SS wurde er 1938 zum Sturmbannführer, 1941 zum Obersturmbannführer und zum 1944 Stabsführer befördert. Von September bis Dezember 1941 war Steimle Kommandeur des Sonderkommandos 7a der Einsatzgruppe B; danach wurde er wieder als Führer des SD-Leitabschnitts in Stuttgart eingesetzt. Von August 1942 bis Januar 1943 war er Kommandeur des Sonderkommandos 4a der Einsatzgruppe C und wurde danach zum Reichssicherheitshauptamt (RSHA) als Gruppenleiter der Abteilung VI b (Westeuropa) versetzt. 1943 wurde Steimle pro forma zum Studienrat am Stuttgarter Dillmann-Gymnasium ernannt. Nach Kriegsende tauchte er zunächst unter falschem Namen unter, bevor er im Oktober 1945 verhaftet werden konnte. Im Nürnberger Einsatzgruppenprozess (Fall 9) wurde er 1948 zum Tode verurteilt; laut Urteil hatte das Sonderkommando 4a der Einsatzgruppe B in der Zeit vom 7. September bis zum 10. Dezember 1941 unter Steimles Kommando 500 Personen, wahrscheinlich Juden, ermordet. 1951 wurde er zu 20 Jahren Haft begnadigt und bereits 1954 aus der Haft in Landsberg entlassen. In den staatlichen Schuldienst wurde Steimle zwar nicht (wieder) aufgenommen, aber seit 1955 unterrichtete er als Oberstufenlehrer an einem evangelischen Internat (Zieglersche Anstalten, Wilhelmsdorf). Bis 2003 wurde seiner auf der "Heimkehrertafel" an der Tübinger Stiftskirchenmauer gedacht.

  1. Herrmann, Georg, "Eugen Steimle – Der Barras: Erinnerungen an einen Massenmörder", in: Proske, Wolfgang (Hg.), Täter, Helfer, Trittbrettfahrer. NS-Belastete aus Oberschwaben, Gerstetten 2015³, S. 281-292.

  2. Krawinkel, Niklas, Belastung als Chance. Hans Gmelins politische Karriere im Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik Deuschland, Göttingen 2020.

  3. Krawinkel, Niklas, Gesandtschaftsrat, Volkstumsreferent und Tübinger Oberbürgermeister. Hans Gmelin (1911-1991). Forschungsbericht, 2018, <tuebingen.de/gemeinderat/vo0050.php> (letzter Zugriff: 7.9.2020).

  4. Lächele, Rainer, "Vom Reichssicherheitshauptamt in ein evangelisches Gymnasium – Die Geschichte des Eugen Steimle", in: Lächele, Rainer/ Thierfelder, Jörg (Hg.), Das evangelische Württemberg zwischen Weltkrieg und Wiederaufbau, Stuttgart 1995, S. 260-288.

  5. Lächele, Rainer, "Vom Reichssicherheitshauptamt in ein evangelisches Gymnasium: Die Geschichte des Eugen Steimle", in: Binder, Hans-Otto (Hg.), Die Heimkehrertafel als Stolperstein. Vom Umgang mit der NS-Vergangenheit in Tübingen, Tübingen 2007, S. 61ff.

  6. Lesczýnski, Kasimierz (Hg.), Fall 9. Das Urteil im SS-Einsatzgruppenprozess, gefällt am 10. April 1948 vom Militärgerichtshof II der Vereinigten Staaten von Amerika, Berlin (Ost) 1963.

  7. Mallmann, Klaus-Michael / Angrick, Andrej / Matthäus, Jürgen / Cüppers, Martin (Hg.), Deutsche Berichte aus dem Osten 1942-1943, Darmstadt 2014.

  8. Mallmann, Klaus-Michael / Angrick, Andrej / Matthäus, Jürgen / Cüppers, Martin (Hg.), Deutsche Besatzungsherrschaft in der UdSSR 1941-1945, Darmstadt 2013.

  9. Mallmann, Klaus-Michael / Angrick, Andrej / Matthäus, Jürgen / Cüppers, Martin (Hg.), Die "Ereignismeldungen UdSSR" 1941, Darmstadt 2011.

  10. Rüggeberg, Jens, "Eugen Steimle und die 'Heimkehrertafel'. Seit über einem halben Jahrhundert wird am Tübinger Holzmarkt eines NS-Verbrechers gedacht", in: Schwäbisches Tagblatt vom 23.8.2003.

  11. Rüggeberg, Jens, "Vom Nazidiplomaten zum Nachkriegsoberbürgermeister. Hans Gmelin und die Vergangenheit, die nicht vergeht", in: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Kreisvereinigung Tübingen-Mössingen 2011, <tuebingen.vvn-bda.de/2017/12/12/vom-nazi-diplomaten-zum-nachkriegsoberbuergermeister-hans-gmelin-und-die-vergangenheit-die-nicht-vergeht> (letzter Zugriff: 4.3.2019).