Langbiografie

Gotthold Griesinger

Er überwachte die Tübinger Lehrerschaft: Gotthold Griesinger

Am 27. Oktober 1936 meldete der Tübinger Kreisamtsleiter des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB) nach Stuttgart: "Der Leiter der hiesigen Handelsschule, Handelsschulrat Klink, hat sich nicht entschließen können, dem NSLB beizutreten. Seine Antwort lege ich hiemit der Gauamtsleitung vor. Ganz dasselbe gilt für Gewerbeschulrat Schenkel."1 Wenn ein Name für den NS-Lehrerbund im Kreis Tübingen steht, dann der des Kreisamtsleiters Gotthold Griesinger (1884-1960), seit 1929 Lehrer an der Silcher-Volksschule Tübingen, ab 1939 Schulleiter an der Volksschule in Derendingen.2

Bis zu seinem 49. Lebensjahr hatte er keiner Partei angehört, zum 1. Mai 1933 wurde Griesinger Mitglied der NSDAP, dem NSLB trat er ebenfalls 1933 bei. Danach begann sein Aufstieg innerhalb der "Bewegung": im April 1934 Stellvertretender NSLB-Kreisamtsleiter, 1936 Kreisamtsleiter und damit "Führer" von 376 Mitgliedern.3 Seit 1937 gehörte er dem Korps der Politischen Leiter (der Amtsträger) Kreis Tübingen an und war Kreisredner der NSDAP.4

Griesingers vorrangiges Betätigungsfeld blieb weiterhin der NSLB. Völlig selbständig konnte er über die Lehrerschaft allerdings nicht herrschen, schließlich war der NSLB e.V. nur "angeschlossener Verband"; deshalb hatte ihm die Partei das "Amt für Erzieher", eine NSDAP-Organisation, als Aufpasser an die Seite gestellt. Aber praktischerweise war Griesinger neben der NSLB-Kreisamtsleitung zugleich Kreisamtsleiter des "Amtes für Erzieher" und damit den Anweisungen der Partei direkt verpflichtet.5 Beide Ämter übte er mit Leidenschaft und vor allem mit Durchsetzungsvermögen aus.

"Dann gehören Sie bestimmt nicht zu uns"

Der ersten großen Herausforderung stellte sich Gotthold Griesinger während des "Kirchenkampfes". In Württemberg (d.h. auch in Tübingen) gab es bis dahin vorwiegend konfessionelle Volksschulen, 1936 wollten die Nationalsozialisten sie schließen und in nicht-konfessionelle "Deutsche Volksschulen" überführen, wogegen sich vor allem katholische Pfarrer und viele katholische Eltern – vergeblich – wehrten.6 Einer von ihnen war Gewerbeschulrat Josef Held, von März 1933 bis Mai 1934 für das Zentrum Mitglied im Tübinger Gemeinderat und seit kurzem NSLB-Mitglied.7 Mit der Weigerung, seine Tochter in die "Deutsche Volksschule" zu schicken, geriet er ins Visier des NSLB-Kreisamtsleiters.

Am 9. September 1936 forderte Griesinger von Held eine schriftliche Begründung für die Weigerung; für die Antwort räumte er ihm zwei Tage Zeit ein. Held antwortete fristgerecht, er berufe sich auf das "reichsgesetzlich vom Führer selbst feierlich abgeschlossene Konkordat",8 das die konfessionelle Volksschule garantierte. Damit gab sich Griesinger keineswegs zufrieden: Die konfessionelle Schule sei eine "A u s n a h m e, die bestimmt immer seltener werden wird". Wenn Held einer dieser "Unbelehrbaren" sei – "dann gehören Sie bestimmt nicht zu uns".9

Held blieb unerschrocken: "Auch Ihr Schreiben vom 14.9. vermag meinen Rechts- und Überzeugungsstandpunkt nicht zu erschüttern. Ein vom Führer in solch feierlicher Weise abgeschlossener Vertrag ist bestimmt keine Ausnahme für Unbelehrbare, wie könnten sonst in Oldenburg die konfessionellen Schulen laut Oldenb. Staatszeitung No. 179 vom 1.8.36 gesetzlich als Regelschule verankert werden? Heil Hitler!"10

Griesinger lenkte – scheinbar – ein ("durch Ihr Schreiben vom 14.9.36. ist für mich Ihre Angelegenheit bezügl. Deutscher Schule genügend geklärt"),11 agitierte aber weiter gegen Held hinter dessen Rücken. Denn vier Wochen später beantragte er bei der Stuttgarter Gauamtsleitung des "Amtes für Erzieher" (dem Kontrollorgan der NSDAP über den NSLB) den Ausschluss Helds: Der sei ihm "schon öfter als Nörgler und Kritiker geschildert worden" und habe jetzt "gezeigt, dass er mit unserer Bestrebungen und Zielen nicht einig ist".12

"Abfassung von politischen Auskünften"

Die zweite größere Herausforderung für Gotthold Griesinger bestand in der Unlust zahlreicher Lehrer, während ihrer Ferien 14 Tage im Nürtinger Schulungslager "Jungborn" zu verbringen, um dort an Flaggenhissungen teilzunehmen, Geländemärsche und gemeinschaftliches Singen zu üben und weltanschauliche Vorträge über sich ergehen zu lassen.13

Am 18. Juni 1937 beschwerte er sich beim zuständigen NSLB-Ortsgruppenleiter ("Kamerad Rupp") darüber, "dass eine ganze Gruppe von Erziehern und Erzieherinnen in dieser Weise die Schulungsarbeit unseres Gauamtsleiters sabotiert und ablehnt. Der Ton mancher Entschuldigungsschreiben ist zum Teil unverschämt und empörend, z.B. 'ob ich ins Lager gehen kann, das kann nur ich und ich allein entscheiden.' Es ist nun die Frage, hat unser Gauamtsleiter den Lehrern der höheren Schulen Tübingens etwas zu sagen hat, oder muss er sich bieten lassen, dass er dort abgelehnt wird?" Griesinger werde, das kündigte er an, die Dokumente dieser Unbotmäßigkeiten der Gauleitung vorlegen – seine "angeborene grenzenlose Gutmütigkeit" finde hier ihr Ende. Und außerdem müsse eine solche Einstellung in die dienstliche Beurteilung aufgenommen werden.14

Dafür sorgte kurz darauf die Personalhauptstelle im Stuttgarter "Amt für Erzieher". Am 10. Juli 1937 teilte sie Griesinger die neuen Richtlinien für die "Abfassung von politischen Auskünften" über die Lehrkräfte mit. Die sollte er den Schulleitern aber nur mündlich weitergeben – nicht verwunderlich, denn sie umfassten Angaben über:

  • politische Einstellung vor 1933;
  • Zugehörigkeit zur NSDAP (Eintrittsdatum, Mitgliedsnummer);
  • Mitarbeit und Einsatzbereitschaft;
  • soziale Opferbereitschaft, Besuch von Versammlungen;
  • konfessionelle Bindung, weltanschauliche Haltung;
  • charakterliche Haltung und Lebensführung;
  • andere wichtige Bemerkungen, die in Beurteilungen einfließen sollen.15

Die Lehrerschaft stand unter der dreifachen Kontrolle des NS-Lehrerbundes, des "Amtes für Erzieher" und der Kultusbürokratie. Welche der drei Instanzen den stärksten Druck ausübte, ist nicht eindeutig festzustellen. Im Jahr 1936 mahnte die NSLB-Reichsleitung das Stuttgarter Gauamt für Erzieher: Dieses müsse doch wohl in der Lage sein, "über die politische Einstellung sämtlicher in dem Erzieherberuf tätigen Volksgenossen Auskunft zu geben"; wenn es das allein nicht schaffe, solle es bei Kollegen oder "sonstigen Mittelspersonen" Informationen einholen.16 Schulrat Martin Widmann urteilte dagegen 1946: "Die württembergische Lehrerschaft wurde weniger durch die Tätigkeit von Ernst Huber [dem NSLB-Gauwalter] als vielmehr durch die amtlichen Anordnungen des Kultministeriums bedrückt."17 Wieder anders im Jahr 1948 der frühere Schulrat Gotthold Wankmüller: Der NSLB war "eine Art Nebenregierung. Hier wurde scharf beobachtet, dass Alles bekanntgegeben wurde."18

Möglicherweise gab es eine Art Arbeitsteilung: Das "Amt für Erzieher" gab die Richtlinien vor, die Schulbehörde setzte sie per Erlass um, der NSLB übernahm die Durchführung. Wie auch immer die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen NS-Organisationen funktionierte: Sie stellte sicher, dass kein einziger Lehrer seine ihm anvertrauten Kinder in demokratischem und mitmenschlichem Geist erziehen konnte.

Die Drangsalierung der Lehrerschaft führte im Kreis Tübingen sogar zu einer kleinen Krise. Am 8. Dezember 1937 beschwor Griesinger die NSLB-Reichsleitung in Bayreuth: Bitte schickt uns keine Jahreskalender mehr! Denn "wir sind mit Kalendern in ungewöhnlicher Weise überschwemmt worden. [Es gab den] Versuch, uns von allen Seiten Kalender aufzunötigen. Jede Gliederung suchte nun – man muss fast sagen mit Gewalt – Kalender zu verkaufen. [Wir haben] soeben unsere Mitglieder gezwungen, das Buch der Reichsleitung zu bestellen." Am gleichen Tag, in einem Schreiben an die NSLB-Gauwaltung, übte Gotthold Griesinger Selbstkritik: "Es wäre besser gewesen, wenn ich die zweite Werbung für den Kalender unterlassen hätte. […] Die Verärgerung [bei den Lehrern ist] nicht kleiner."19

Gotthold Griesinger hätte es wissen können. Bereits im November 1936 hatte Dr. Gauger, Assistenzarzt an der Ohrenklinik, sich bei ihm über das Übermaß an finanziellen Verpflichtungen beschwert: "Bei der Aufstellung der Beitragszahlung für den NS-Lehrerbund bitte ich zu berücksichtigen, dass wir Assistenten durch alle möglichen Beitragszahlungen schon schwer belastet sind. Ich zahle Beitrag für die Partei, den NSKK, dabei pflichtgemäßes Abnehmen der NSKK-Zeitung, ferner Beitrag für den NS-Ärztebund, für die NSV, für die NS-Frauenschaft, für die Dozentenschaft, für die kassenärztl. Vereinigung und Ärztekammer. Dabei bin ich verheiratet, habe zwei Kinder bei einem Gehalt von 300 Mark. Es ist mir unmöglich, den vollen Satz zu bezahlen. Heil Hitler!"20

"Fächer wehrkundlich auswerten"

Der Alltag im NSLB war unspektakulär und eintönig, seine Eckpunkte waren die regelmäßigen Versammlungen – Kreistagungen, Abschnittstagungen, Abschnittswaltertagungen, Kameradschaftsabende, Kreisschulungsappelle: viele Pflichtveranstaltungen, weshalb Griesinger anordnete, dass an den Schulen die Mittwochnachmittage für den NSLB "tunlichst freigehalten" werden sollten.21

Höhepunkte des NSLB-Lebens waren die Kreistagungen. Sie fanden vor dem Krieg im Zweimonats-Rhythmus und meistens im Audimax oder im großen Saal des Botanischen Instituts der Universität statt, schließlich war die Teilnahme für die Mitglieder im Kreis Pflicht. Allerdings gab sich die Kreisamtsleitung schon zufrieden, wenn die Hälfte der Mitglieder kam – kein Wunder bei den ermüdenden Reden zu den immergleichen Themen, zum Beispiel wenn Professor Gustav Bebermeyer am 29. November 1936 über "Rasse, Volkstum, Volk" vortrug: "Seine Ausführungen gipfelten in dem Aufruf an die versammelte Erzieherschaft, ihr Bestes zu geben, um die heranwachsende Jugend in nationalsozialistischem Geist nach dem großen Vorbild des Führers zu erziehen." Gotthold Griesinger erklärte anschließend seinen Zuhörern, dass und warum der 30. Januar 1933 "der entscheidende Wendepunkt in der deutschen Geschichte" sei, und schloss die Tagung mit einem kräftigen "Sieg Heil auf den Führer".22

Die nächste Kreistagung war im Januar 1937, im Mittelpunkt stand die Rede von Professor Gerhard Kittel über "die Entstehung des Judentums und der Judenfrage". Der evangelische Theologe kam laut Tübinger Chronik zu diesem Fazit: "Was das nationalsozialistische Deutschland mit der Judengesetzgebung getan hat, ist nicht Barbarei, sondern die kühle Folgerung einer nüchternen geschichtlichen Erkenntnis, die die Welt Adolf Hitler noch zu danken haben wird." Die Versammlung endete, klar, mit der "Ehrung des Führers" durch Gotthold Griesinger.23

Über die Kreistagung am 25. Januar 1939 berichtete die Tübinger Chronik: "Sie wurde mit dem Lied 'Auf, auf zum Kampf' eingeleitet. Kreisamtsleiter Griesinger begrüßte die Gäste, die fast vollständig erschienenen Kameraden und besonders den Stuttgarter Berufskameraden, Ratsherrn und Schriftsteller Karl Götz." Der informierte anschließend seine "im tiefsten Herzen ergriffenen Kameraden" über seine Reise nach Amerika, wo das Deutschtum sich wacker hielt. Zum Schluss dankte Griesinger "mit einem begeistert aufgenommenem Sieg Heil".24

Seine letzte Kreistagung leitete Gotthold Griesinger am 1. Juni 1940. Er begrüßte, so die Tübinger Chronik, die "Kameraden, deren Reihen allerdings durch zahlreicheEinberufungen zum Heeresdienst stark gelichtet sind". Danach referierte Major Blume vom Wehrkreiskommando Stuttgart über "Wehrgeistige Erziehung in der Schule": Die Zusammenarbeit zwischen Wehrmacht und NSLB sei durch die Verbindungsoffiziere, "welche den Erziehern immer wieder die Forderungen der Wehrmacht vor Augen stellten, schon lang hergestellt". Ein Fach Wehrkunde gebe es nicht, dafür "lassen sich die meisten Fächer wehrkundlich auswerten". Griesinger dankte dem Redner und versicherte, dass die Lehrer "sich ihrer hohen Aufgabe an der vormilitärischen Erziehung bewusst" seien.25 Die ihnen anvertrauten Schüler auf den Kriegsdienst einzuschwören, damit sie anschließend verheizt werden konnten, war jetzt zur obersten Aufgabe der Lehrer geworden.

Zum Lehrer zurückgestuft

Fünf Tage nach dieser Versammlung 1940 wurde Gotthold Griesinger zur Wehrmacht (als Hauptmann in Emmendingen) eingezogen. Als er im Dezember 1942 nach Tübingen zurückkehrte, lag der NSLB in den letzten Zügen. Schon seit Kriegsbeginn war seine Bedeutung rapide zurückgegangen: Er hatte die Dequalifizierung der Lehrerausbildung nicht verhindern können (und sich dafür von der NSDAP-Führung "gewerkschaftliches Verhalten" vorwerfen lassen müssen) und seine Finanzverwaltung war so aus dem Ruder gelaufen, dass NSDAP-Reichsschatzmeister Anton Schwarz 1941 die Zwangsverwaltung über den NSLB angeordnet hatte; außerdem war ein großer Teil der Lehrer zur Wehrmacht eingezogen worden. Im Februar 1943 wurde der NS-Lehrerbund endgültig und offiziell "stillgelegt".26 Bemerkt haben das – im Kontext von Stalingrad, dem Beginn der Flächenbombardierungen und der Ausrufung des "Totalen Krieges" – nur Wenige, zumal die Kultusbürokratie unverdrossen weiterarbeitete: In einer Mitteilung der Ministerialabteilung an die höheren Schulen heißt es, dass Studienassessor Siegfried Gutbrod, am 21. März 1944 als Soldat umgekommen, "seiner Dienstleistung an dem Uhland-Gymnasium auf den 1.4.1944 enthoben" wird.27

Nach der "Stilllegung" des NSLB hat sich Gotthold Griesinger innerhalb der NS-"Bewegung" nicht mehr aktiv betätigt, obwohl es dafür reichlich Möglichkeiten – und Bedarf (zahlreiche Funktionäre waren ja im Krieg) – gegeben hätte. Warum hat er das nicht getan?

Möglicherweise war Griesinger kein fanatischer, im Innersten überzeugter, Nationalsozialist: In die NSDAP ist er vor 1933 nicht eingetreten, bis dahin hatte er sich politisch offenbar auch nicht betätigt. Denkbar ist, dass er 1936 das Amt des Kreiswalters auch, vielleicht sogar vorwiegend, aus materiellen Interessen übernommen hat: Er war bis dahin nur schlecht bezahlter Oberlehrer, mit dem neuen Amt konnte er rasch zum Schulleiter aufsteigen (was ihm 1939 auch gelang) und sich damit finanziell wesentlich besser stellen - für den Vater von sechs Kindern kein unwichtiger Aspekt. Und an der neuen Machtfülle als "Führer" sämtlicher Lehrkräfte im Kreis Tübingen könnte Gotthold Griesinger schnell Geschmack gefunden haben. Wenn diese (zugegeben spekulative) Erklärung zutrifft, dann war Griesinger einer der zahlreichen Funktions-Träger innerhalb des NS, für die "Karriere" mindestens so wichtig war wie "Ideologie". Die Verantwortung für seine Handlungen würde das nicht schmälern: Ohne Menschen wie Gotthold Griesinger hätte der NS-Staat nicht funktioniert.

Von 1943 bis Kriegsende war Griesinger Schulleiter an der Volksschule in Mössingen. Nach der Befreiung durch französische Truppen blieben die Schulen im Kreis Tübingen zunächst geschlossen. Im November 1945 fand Griesinger, zum einfachen Lehrer degradiert, eine Stelle im benachbarten Mähringen. Nach dem Willen des Entnazifizierungsausschusses im Februar 1946 sollte er dort, um sieben Gehaltsstufen heruntergesetzt, als Lehrer bleiben dürfen;28 jedoch wurde er einen Monat später von der französischen Militärbehörde interniert, vermutlich bis Juni 1947.29

Während dieser Zeit befand die Säuberungskommission: Gotthold Griesinger ist nach der Internierung zu entlassen, seine Ruhegehalt soll 30% des üblichen betragen. Griesinger legte Einspruch ein, sein Fall kam vor die Spruchkammer Tübingen. Dort rechtfertigte er seine Tätigkeit als NSLB-Kreisamtsleiter: Er habe sie genutzt, um "manches Unheil, das meinen Kollegen drohte, abzuwenden".30 Studienrat Wacker aus Rottenburg assistierte: "Herr G. hat das von ihm verlangte strenge Regiment im NSLB Kreis Tübingen nicht durchgeführt", und der sozialdemokratische Schulrat Günther entlastete ihn ebenfalls: Griesinger "übte sein Amt als Kreisamtsleiter des NSLB ohne jeden Druck aus".31 Diese Aussagen dürften - wie viele andere "Persilscheine" - vom Geist der Nächstenliebe getragen gewesen sein.

Die Spruchkammer stufte ihn im Dezember 1947 als minderbelastet ein und schlug die Rückstufung zum Lehrer bei einem Abzug um fünf Gehaltsstufen vor. Gotthold Griesinger legte erneut Widerspruch ein. Nach dem endgültigen Urteil der Sonderspruchkammer Württemberg-Hohenzollern vom 18. Juni 1948 blieb er minderbelastet, wurde aber - jetzt 64 Jahre alt - bei vollen Bezügen in den Ruhestand versetzt.32

Einzelnachweise

Mehr
  1. StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben an das NSDAP-Amt für Erzieher Stuttgart vom 27.10.1936.
  2. StAS: Wü 13 T2 Nr. 2122/027.
  3. StAL PL 516 Bü. 80, Schreiben von Gotthold Griesinger an das NSDAP-Amt für Erzieher Stuttgart vom 23.2.1938. Griesinger forderte aus Stuttgart zusätzlich zu den 376 Fragebögen, die er nach Stuttgart verschickt hatte, weitere 376 an.
  4. StAS: Wü 13 T2 Nr. 2122/027 Eintragung in Fragebogen.
  5. SAT: E107/1 Nr. 1 Bl. 4.
  6. StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben von Amtsverweser Senghaas (Volksschule Tübingen) an die Ministerialabteilung für Volksschulen Stuttgart vom 2.5.1936; "Ein Jahr Gemeinschaftsschule in Tübingen", in: Tübinger Chronik vom 1.7.1937.
  7. Geschichtswerkstatt Tübingen 2013, S. 36f; StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben von Gotthold Griesinger an das Amt für Erzieher Stuttgart vom 27.10.1936.
  8. StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben von Josef Held an Gotthold Griesinger vom 11.9.1936.
  9. StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben von Gotthold Griesinger an Josef Held vom 14.9.1936. Sperrsatz im Original.
  10. StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben von Josef Held an Gotthold Griesinger vom 14.9.1936.
  11. StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben von Gotthold Griesinger an Josef Held vom 28.9.1936.
  12. StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben von Gotthold Griesinger an das NSDAP-Amt für Erzieher Stuttgart vom 27.10.1936. Zum Konflikt Griesinger – Held insgesamt: StAS: Wü 13 T2 Nr. 2122/027; Gespräch mit Dorothee Held am 2.3.2016.
  13. Wichtige Forschungsergebnisse zum NSLB am Beispiel Nürtingen und zum Lager Jungborn: Tietzen u.a 2011, S. 257ff; Kieser 1979, S. 89-91; StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben von Gotthold Griesinger an den Stellvertretenden NSLB-Kreisamtsleiter Erwin Rupp vom 18.6.1937.
  14. StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben von Griesinger an den Stellvertretenden NSLB-Kreisamtsleiter Erwin Rupp vom 18.6.1937.
  15. SAT: E103/2 Nr. 74, Schreiben der Personalhauptstelle im NSDAP-Amt für Erzieher Stuttgart an Gotthold Griesinger vom 10.7.1937.
  16. HStAS: E 19 N 166.54, Schreiben der NSLB-Reichsstatthalterei an das NSDAP-Gauamt für Erzieher Stuttgart von 1936.
  17. StAS: Wü 13 T2 Nr. 647/023, Aussage von Martin Widmann am 27.9.1946.
  18. StAS: Wü 13 T2 Nr.647/023, Aussage des früheren Schulrats Gotthold Wankmüller, zitiert bei Garski-Hoffmann 2011, S. 267.
  19. StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben von Gotthold Griesinger an die NSLB-Reichsleitung Bayreuth vom 8.12.1937.
  20. StAL: PL 516 Bü. 80, Schreiben von Dr. Gauger an die NSLB-Kreisleitung Tübingen vom 26.11.1936.
  21. StAL: PL 516 Bü. 80, Rundschreiben von Gotthold Griesinger an die Schulleiter des Kreises Tübingen vom 4.12.1937.
  22. Tübinger Chronik vom 1.12.1936.
  23. Tübinger Chronik vom 26.1.1937.
  24. Tübinger Chronik vom 28.1.1939.
  25. Tübinger Chronik vom 3.6.1940.
  26. Bölling 1983, S.142.
  27. SAT: E103/2 Nr. 399, Schreiben der Ministerialabteilung an den höheren Schulen Württemberg an die Schulleitung des Uhland-Gymnasiums vom 23.3.1944.
  28. StAS: Wü 13 T2 Nr. 2122/027, Kreisuntersuchungsausschuss Tübingen vom 14.2.1946.
  29. StAS: Wü 13 T2 Nr. 2122/027, Urteil der Spruchkammer Tübingen vom 1.12.1947.
  30. StAS: Wü 13 T2 Nr. 2122/027, Urteil der Spruchkammer Tübingen vom 1.12.1947.
  31. StAS: Wü 13 T2 Nr. 2122/027, Urteil der Spruchkammer Tübingen vom 1.12.1947.
  32. StAS: Wü 13 T2 Nr. 2122/027, Urteil der Sonderspruchkammer Württemberg-Hohenzollern vom 18.6.1948.
  1. Tübinger Chronik vom 3.6.1940.

  2. Tübinger Chronik vom 26.1.1937.

  3. Tübinger Chronik vom 28.1.1939.

  4. Bölling, Rainer, Sozialgeschichte der deutschen Lehrer, Göttingen 1983.

  5. Geschichtswerkstatt Tübingen (Hg.), Zerstörte Demokratie: Zwangsweise ausgeschiedene Tübinger Stadträte 1933. Eine Dokumentation, Tübingen 2013.

  6. Kieser, Robert, Tübingen und was dann?, Heilbronn 1979.

  7. o. N., "Ein Jahr Gemeinschaftsschule in Tübingen", in: Tübinger Chronik vom 1.7.1937.

  8. Tietzen, Reinhard / Garski-Hoffmann, Petra / Kayser, André / Seischab, Steffen (Hg.), Nürtingen 1918-1950. Weimarer Republik - Nationalsozialismus - Nachkriegszeit, Nürtingen / Frieckenhausen 2011.

  1. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (HStAS): E19 N166.54.

  2. Staatsarchiv Ludwigsburg (StAL): PL 516 (NS-Lehrerbund (NSLB) Gauwaltung Württemberg Hohenzollern) Bü. 80. Tübingen.

  3. Staatsarchiv Sigmaringen (StAS): Wü 13 T2 (Staatskommissariat für die politische Säuberung) Nr. 647/023. Huber, Ernst aus Oberbrändi Kreis Freudenstadt (Geburtsort); Tuttlingen; Stuttgart; München.

  4. Staatsarchiv Sigmaringen (StAS): Wü 13 T2 (Staatskommissariat für die politische Säuberung) Nr. 2122/027. Griesinger, Gotthold aus Winterbach, Kreis Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) (Geburtsort); Tübingen.

  5. Stadtarchiv Tübingen (SAT): E103/2 Nr. 74.

  6. Stadtarchiv Tübingen (SAT): E103/2 Nr. 399.

  7. Stadtarchiv Tübingen (SAT): E107/1 Nr. 1.