Kurzbiografie

Walter Adrion

Nach dem Besuch der Realschule in Offenburg absolvierte Walter Adrion eine Ausbildung zum Maschinenbauer, bevor er 1910 das Abitur nachholte. Er studierte Medizin in Freiburg/Breisgau, München, Rostock und Halle/Saale und erhielt 1916 die Approbation als Arzt. 1920 folgte die zahnärztliche Zulassung und 1923 die Habilitation für konservierende Zahnmedizin an der Universität Freiburg.

Von 1920 bis 1924 war Adrion an der Freiburger Zahnärztlichen Universitätspoliklinik tätig, zuletzt als Oberarzt. Danach wurde er Mitarbeiter und später Leiter der Abteilung für Zahn- und Kieferersatz der Universität Berlin. Von 1924 bis 1927 stand er außerdem dem Zahnärztlichen Fortbildungsinstitut des Reichsverbands der Zahnärzte Deutschland vor, verlor diese Position jedoch nach einem juristisch ausgetragenen Streit um Unregelmäßigkeiten. Bis 1933 redigierte er die Deutsche Monatsschrift für Zahnheilkunde.

Im April oder Mai 1933 trat Adrion der NSDAP bei und wurde im selben Jahr SA-Mitglied. 1936 folgte der Eintritt in den NS-Ärztebund. 1942 erhielt Adrion mit der Unterstützung des Reichszahnärzteführers Ernst Stuck (1893-1974) und des lokalen NS-Dozentenführers den Lehrstuhl für Zahnmedizin in Tübingen.

Dass er zu den wenigen Tübinger Ordinarien gehört, die nach der NS-Zeit dauerhaft ihre Stellung verloren, war nur bedingt auf die Universität zurückzuführen. 1945 wurde er auf Veranlassung der französischen Besatzungsmacht entlassen und aus Tübingen verwiesen. 1949 beschloss die Universität mit der Begründung, Adrion habe nach wie vor nationalsozialistische Überzeugungen, den Entzug der Lehrbefugnis bis 1950 zu verlängern. Vier Jahre später sprach sie dem inzwischen in Ravensburg in eigener Praxis tätigen Zahnarzt gleichwohl die reguläre Emeritierung aus Altersgründen aus.

  1. Kühl, Richard, "Nicht auserzählte Geschichte. Der Nationalsozialismus und die dentalen Fächer", in: Seidl, Ernst / Kühner, David / Prutscher, Andreas (Hg.), Dental Things. Die zahnmedizinische Sammlung der Universität Tübingen, Tübingen 2021, S. 102-115.

  2. Voswinckel, Peter, "Adrion, Walter" in: Voswinckel, Peter (Hg.), Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre von Isidor Fischer †. Bd. 3: Nachträge und Ergänzungen Aba-Kom, Hildesheim u.a. 2002, S. 14.

  1. Universitätsarchiv Tübingen (UAT): 124/4 (Personalakte Walter Adrion).