Kurzbiografie

Sophie Ehrhardt

Sophie Ehrhardt studierte von 1921 bis 1926 Zoologie an der Universität Tartu in Estland; 1927 setzte sie ihr Studium in München fort, wurde 1930 promoviert und arbeitete im Anthropologischen Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München. Danach folgten Forschungsreisen und Veröffentlichungen von Aufsätzen. Ab 1935 arbeitete Ehrhardt am Institut für Rassenkunde, Völkerbiologie und Ländliche Soziologie in Berlin. Von 1938 bis 1942 arbeitete sie in der Rassenhygienischen und bevölkerungsbiologischen Forschungsstelle im Reichsgesundheitsamt (RHF) unter Robert Ritter. Während dieser Zeit hatte sie im KZ Sachsenhausen und KZ Dachau sowie im Ghetto Litzmannstadt (heute Lodz) rassistische Forschungen an Juden durchgeführt. Auch war sie an der Erfassung der im Deutschen Reich lebenden Sinti und Roma beteiligt. Die dabei von ihr und Mitarbeitern des Instituts angelegte Kartei diente ab 1943 für Deportationen von Sinti und Roma in das Vernichtungslager Auschwitz. Teile der Kartei nutzte Ehrhardt noch bis in die 1980er Jahre für ihre rassistischen Forschungen über Sinti und Roma. 1935 wurde sie Mitglied der NS-Volkswohlfahrt (NSV), 1938 der Deutschen Arbeitsfront (DAF), 1940 oder 1941 des NS-Fliegerkorps (NSFK). Zunächst wissenschaftliche Mitarbeiterin von Wilhelm Gieseler, war Ehrhardt von 1942 bis 1968 am Rassenkundlichen Institut der Universität Tübingen tätig, welches nach 1945 in "Anthropologisches Institut" umbenannt wurde. 1948 wurde sie als "unbelastet" entnazifiert. Zwei Strafverfahren gegen Ehrhardt wurden in der Nachkriegszeit eingestellt. Nach ihrer Ernennung zur Professorin 1957 begutachtete sie zahlreiche Dissertationen und hielt Lehrveranstaltungen ab. Bis zu ihrem Tod verteidigte Ehrhardt ihre Forschungen gegen Kritik.

  1. Arbeitskreis "Universität Tübingen im Nationalsozialismus", Bericht des Arbeitskreises "Universität Tübingen im Nationalsozialismus" zu 'Zigeunerforschung', 'Kriminalbiologie' und Zwangssterilisierungen von 'Zigeunern' an der Universität Tübingen, Tübingen 2011 <uni-tuebingen.de/universitaet/profil/geschichte-der-universitaet/aufarbeitung-ns-zeit> (letzter Zugriff: 21.10.2020).

  2. Bumiller, Irmgrad, "'Getarnter Schwachsinn'. Der Tübinger Beitrag zur nationalsozialistischen 'Zigeuner'-Foschung", in: Schönhagen, Benigna (Hg.), Nationalsozialismus in Tübingen. Vorbei und Vergessen. Katalog der Ausstelung, Tübingen 1992, S. 103-111.

  3. Kolata, Jens / Kühl, Richard, "Wilhelm Gieseler und das Rassenkundliche Institut (1934-1945)", in: Seidl, Ernst (Hg.), Forschung - Lehre - Unrecht. Die Universität Tübingen im Nationalsozialismus, Tübingen 2015, S. 107-111.

  4. Lang, Hans-Joachim, "'Ein schöner Einblick in die Forschungsarbeit'". Vorbereitende Beiträge Tübinger Wissenschaftler für die Zwangssterilisierung und Ermordung deutscher Sinti“, in: Hägele, Ulrich (Hg.), Sinti, Roma und Wir. Ausgrenzung, Internierung und Verfolgung einer Minderheit, Tübingen 1998, S. 75-90.

  1. Staatsarchiv Sigmaringen (StAS): Wü 13 T 2 (Staatskommissariat für die politische Säuberung) Nr. 2126/067. Ehrhardt, Sophie, Dr. aus Karsau (Geburtsort); Tübingen; Berlin. <landesarchiv-bw.de/plink> (letzter Zugriff: 2.11.2020).

  2. Universitätsarchiv Tübingen: UAT 288.